Unsere Historie

Die Anfangsjahre des Weststadt-Bürgervereins liegen arg im Dunkeln. Wir wissen sehr wenig aus jener Zeit, so dass gewisse Spekulationen über mögliche Beweggründe unserer Vorfahren hier erlaubt seien. Gemeint sind  Entscheidungen zur Eingemeindung 1905 nach Pforzheim oder wozu der Verein tatsächlich gegründet wurde.

Man versetze sich in die Zeit von 1906. Dazu ist es auch notwendig, sich einige ältere Geschichtsdaten des Dorfes anzusehen: Erstmals schriftlich erwähnt im 11. Jahrhundert anlässlich einer Schenkung an das Kloster Hirsau und angeblich benannt nach einem Sippenältesten namens Bretzo oder Brozzo. „Brötzingen“ bedeutet also so viel wie: „bei den Angehörigen des Brozzo“.

Bis ins 19. Jahrhundert war Brötzingen ein bäuerliches Dorf – und noch sehr ländlich, auch in seiner Bebauung. Es gab keine Wasserleitungen, keine Abwasserkanäle oder längerfristige Straßenplanung. Nur einzelne Schwerpunkte wurden langsam von privater Hand realisiert, wie z. B. eine Gasbeleuchtung (1872), ein neues Rathaus (1872), neues, heutiges Schulhaus (1879/1888) oder der heutige Friedhof (1907) auf der Höhe.

Der Anteil der von der Landwirtschaft lebenden Bevölkerung wurde weniger, durch die Industrialisierung in der Stadt Pforzheim vollzog sich ein Wandel im Denken der Menschen und so beschlossen der Gemeinderat und Bürgermeister 1904, der Eingemeindung nach Pforzheim zum 1. Januar 1905 zuzustimmen, zum beiderseitigen Nutzen.

Vielleicht erkannten sie, dass Brötzingen wieder einmal seiner Zeit hinterher hinkte und statt ständigen „Warm-Abbrüchen“ von Gebäuden und ähnlichen Späßen, besser einen zeitgemäßen Weg der Modernisierung der Gemeinde einzuschlagen.

Damals gab es ca. 7000 Einwohner in Brötzingen. Die Gemarkung war 1300 ha groß, und die Stadt hatte vorher nur ganze 2100 ha Fläche. Ein intelligenter Brötzinger soll nach der Eingemeindung gesagt haben:“…jetzt erst sei Pforzheim eine Stadt!“ Worauf weitere intelligente Kaubasche fragten, was sie wohl von der Stadt für die Eingemeindung bekämen?

Die Gründung des Weststadt-Bürgervereins im Jahr 1906 könnte also sowohl dem Gefühl einer gewissen Ohnmacht, als auch der momentanen Situation entsprungen sein, ein Gegengewicht zur Stadt zu bilden, denn es waren ja nur zwei Personen in den Pforzheimer Stadtrat übergewechselt, Bürgermeister Chr. Weber und Friedrich Bach.

Das Ziel des Vereins war es denn auch primär, die Interessen der Brötzinger Bürger gegenüber der Stadt zu vertreten. Diese waren und sind stets vielfältig und enden auch oft in einem Kompromiss.

Man glaubt heute zu wissen, dass größere Teile der Brötzinger Bevölkerung den Anschluss an die Stadt bejahten, da er doch damals weitere wichtige und notwendige Neuerungen brachte wie Frischwasser-Zuleitungen, Abwasser-Kanalisation etc.

Welche konkreten Unterlagen zu den ersten rund 50 Jahren des Vereins und seinen führenden Personen, liegen uns also heute noch vor?

Da ist der erste Eintrag im Pforzheimer Adressbuch auf Seite 290 von 1907 und 1908:

Weststadt – Bürgerverein. – Vorstand Karl Friedrich Staib,

Fabrikant, Kaiser Friedrichstraße 130.

Schriftführer Peter Frieß.

Kassier Karl Grimm.

Autor: Harald Bürkle

Nachdem am 23. Februar 1945 das Stadtzentrum zerstört wurde, waren wesentliche Teile der Verwaltung Betriebe und andere öffentliche und private Einrichtungen im Stadtteil Brötzingen untergebracht.

Mit dem Wiederaufbau der Stadt wurden diese Einrichtungen wieder zurückverlagert. In den Nachkriegsjahren hatte der Aufbau der Kernstadt Vorrang, so dass der Stadtteil Brötzingen lange Zeit vernachlässigt wurde. Gleichzeitig zogen Brötzinger Bürger und Betriebe in die neu erschlossenen Baugebiete im Bereich de Stadt, aber auch zum Teil in die umliegenden Gemeinden. In die alten leer stehenden Gebäude wurden bis zur Sanierung andere Mitbürger untergebracht. Die Bevölkerungszahlen in Brötzingen nahmen ständig ab, da die Infrastruktur sich wesentlich verschlechterte. Außerdem befanden sich im Stadtteil Brötzingen noch landwirtschaftliche Anwesen, deren Gelände neu geordnet werden mussten, da der jeweilige landwirtschaftliche Betrieb inzwischen aufgegeben worden war.

Zur Behebung der eingetretenen städtebaulichen Missstände hat in den 50er-bis 70er-Jahren der Weststadt-Bürgerverein 1906 e.V.“ zusammen mit einzelnen Bürgern und der Stadt Pforzheim Überlegungen angestellt, diese Mängel zu beseitigen.

Durch das im Jahre 1971 in Kraft getretenen Städtebau-Förderungsgesetz und der Möglichkeit der staatlichen Förderung konnte die Neuordnung und Sanierung des Stadtteils in Angriff genommen werden. In mehr als 25 Jahren hat der „Weststadt-Bürgerverein 1906 e.V.“ bei der Planung und Neugestaltung, bei Flächensanierung und Modernisierung von Gebäuden mitgewirkt und die Belange der Allgemeinheit und einzelner Bürger unterstützt. Mit Nachdruck hat der „WBV“, insbesondere durch seine Vorsitzenden die Interessen gegenüber der Stadt Pforzheim durchgesetzt.

In vielen Verhandlungen und Versammlungen mit der Sanierungsstelle der Stadt Pforzheim konnte der „WBV“ immer zu einem Einvernehmen zwischen Bürger und Stadt beitragen. Der ,,WBV“ hat mit seiner Initiative von Mitgliedern und Spenden vieles zur Verschönerung des Stadtteils beigetragen, so unter anderem den Bürgerbrunnen am Marktplatz.

Der ,.WBV“ kann stolz sein auf das erzielte Ergebnis der Sanierung. Der Stadtteil Brötzingen ist ein liebenswerter Stadtteil geworden und über die Stadtgrenzen hinaus beliebt und bekannt.

Autor: Georg Schwarz